Landwirtschaft war lange Zeit der einzige Erwerbszweig der Einwohner von Behlitz und Ehrenberg. Ihnen gehörten alle Grundstücke der Fluren, die sie nach althergebrachter Art der »Dreifelderwirtschaft« landwirtschaftlich nutzten. Selbst der Dorfschmied, der Müller, der Schenkwirt und der Förster wären ohne ihren bäuerlichen Hintergrund arm dran gewesen. Die Gemeinden Behlitz und Ehrenberg verfügten aber auch über gemeinschaftliches Eigentum an Grund und Boden, das der öffentlichen Nutzung zur Verfügung gestanden hat. Diese »Allmende« wurden durch die Nachbarn gemeinschaftlich, vornehmlich zum Treiben und Hüten, genutzt. Verlassenes Ackerland – »Lehde« (Brache) – entsprach selbigem Zweck.Ende des 18. Jahrhunderts verdingte sich in beiden Gemeinden für 19 Scheffel, 1 Viertel und 2 Metzen Korn, Milch und 4 Groschen in bar der »Huthmann«. Er bewohnte das ehemalige Hirtenhaus gegenüber der heutigen Bäckerei Bahke. Aus einem Bericht aus dem Jahr 1838 erfahren wir: »Der Huthmann Stoye seit 1 Jahre in Böhlitz dient der Gemeinde gegen bestimmten Lohn. Derselbe wohnt mietzinsfrei im Hirtenhause. Das Hirtenhaus gehört den Gemeinden Böhlitz und Ehrenberg gemeinschaftlich, doch steht Stoye bei beiden Gemeinden als Huthmann in Diensten.«

Wie wichtig den Böhlitzern ihre Weiderechte waren, bezeugt ein in Dokumenten belegter Streit mit dem Leipziger Rat um Weideflächen. In diesem »Graskrieg« setzten sich unsere Vorfahren energisch durch. Neben der Landwirtschaft muss die Fischerei in der Luppe ein recht einträgliches Gewerbe gewesen sein. Johann Gottlob Vogel schreibt in seinen Leipziger Chroniken 1640: »... doch ihrer Größe nach (ist die Luppe) sehr fischreich, und es werden nicht allein Weißfische, Gründlinge und Bärsche, sondern auch Barmen, Hechte, Aalraupen, auch Aale und andere Fische, ingleichen schmackhafte Krebse in ziemlicher Menge gefangen.« Streit um die Fischrechte gab es noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Fisch wurde bei jeder passenden Gelegenheit aufgetragen. Da irgendwann ein kluger Kopf zu der Erkenntnis gelangt war, dass Fisch, wenn er verzehrt ist, »schwimmen« muss, hielten sich natürlich auch unsere Altvorderen an diesen löblichen Rat. Feste zu feiern, verstanden die Behlitzer seit altersher.

Überliefert wurde uns eine solche Festlichkeit im »Leipziger Stadt- und Dorfanzeiger« vom 25. Oktober 1912. Demnach stand der »Ablass zu Behlitz« in Zusammenhang mit der Wenzelskapelle, deren Reste bei Ausschachtungsarbeiten auf dem Grundstück der »Guten Quelle«, einer ehemaligen Gaststätte, nachgewiesen werden konnten.

Die Verehrung des Heiligen Wenzels nach katholischem Brauch mit der Bitte um Ablass, vor allen Dingen die damit verbundenen Festlichkeiten nach der Gewissenserleichterung, ließen sich die Behlitzer auch durch die Reformation nicht nehmen.

 »Die Fete geht weiter« – auch wenn sie mit dem päpstlichen Ablass absolut nichts mehr zu tun hatte. Den Hut der Organisation setzte sich der Schenk (Wirt) von Behlitz auf. Damals! Einer der festlichen Höhepunkte war das »Ochsenspiel«. Einen mit Laubkränzen und Blumen geschmückten Ochsen führte man unter »närrischen Reden« durch den Ort. Vermuten lässt sich, dass auch entsprechende Lieder zur Laute gesungen wurden. Eine Kundgebung hat es nach einem solchen Ochsenumzug nicht gegeben, sondern um das Tier wurde »geposselt«. Wenn vom »bösen Ablaßkram« von Seiten der Behörden die Rede ist, lässt sich leicht denken, wie es auf einem solchen Fest zugegangen sein muss. Das Einschreiten des Schkeuditzer Amtes, das genauestens über das sündhafte Treiben unterrichtet war, schmetterten die Behlitzer mit einem »Ablaßschmaus«, den die »Herren Beamten zu Schkeuditz« bekamen, eiskalt ab.

Das Fest erstreckte sich über 4 bis 6 Sonntage. Den absoluten Höhepunkt erreichte das Ablaßgelage an dem Tag, an dem der Ochse »aufgewonnen« wurde. Der Gewinner musste einem jeden Mitspieler einen Taler zum Vertrinken aushändigen. Hauptsächlich waren es die einfachen Leute, die sich sehr gern – fast bis zur Selbstaufgabe – an diesem Fest beteiligten »...mancher vertut in vier Wochen mehr, als er im ganzen Vierteljahr kaum verdient. Da wurde selbst die Nacht hindurch bis zum frühen Morgen gezecht, gespielt und getanzt...«

Nicht selten arteten diese Feierlichkeiten in Schlägereien aus. Wir erfahren, dass im Jahr 1699 der Hofmeister des Graffschen Gutes in Barneck von den »vollen Ablaßbrüdern dermaßen geschlagen wurde«, dass er an den Folgen dieser Misshandlungen starb. Beschwerden an das Amt und an die Kirche haben dazu geführt, dass »... der Sonntag durch den Ablass nicht gemißbraucht wird und die Ablaßgäste beizeiten Feyerabend machen mussten«.

So eingeschränkt und unter richterlicher Aufsicht gestellt, verlor der »Ablass zu Behlitz« seinen Zuspruch.

 

 hirtenhaus  quelle

Das Hirtenhaus Leipziger-

Ecke Untere Mühlenstraße

Dorfplatz,
Standort der ehemaligen Wenzelskapelle
 
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